Sonntag, 6. November 2011

Kathrins Sauerteig-Experiment

Erinnert ihr euch noch an Hermann, Siegfried und Co - diese metallhassenden "Pseudo-Sauerteige", die ständig gefüttert, in Ruhe gelassen, verbacken oder an Bekannte weitergegeben werden wollten, und die die Backwaren trotzdem nicht viel besser schmecken ließen als ohne ihre Zugabe? Dank der lieben Paule von http://www.paules.lu/ bin ich seit ein paar Wochen im Besitz von echtem liebevoll herangezogenem und getrocknetem Sauerteig, sog. Trockensauer. In diesem Post möchte ich euch an seiner Wiederbelebung, Entwicklung und dem ersten Backeinsatz teilhaben lassen :


Um an Sauerteig zu kommen, gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: Selber züchten (z.B. nach Pöts Anleitung im Sauerteig-Forum oder nach Petras Anleitung nach Peter Reinhart) - oder einen Sauerteig von einem Bekannten "weiterzüchten". Leichter geht es natürlich, wenn man von jemandem eine Starterkultur (z.B. Trockensauer) bekommt, die man nur noch zum Leben wieder erwecken muss. Wie mir Paule geschrieben hat, ist "wiederbelebter" Sauerteig wesentlich stabiler und triebstärker als frisch angesetzter. Sauerteig wird zu Generation zu Generation besser: Je mehr man ihn füttert, desto aktiver und stabiler wird er. Daher habe ich mich sehr gefreut, dass sie mir etwas Trockensauer zugeschickt hat :




Was ist Trockensauer? Trockensauer ist ganz einfach getrockneter Sauerteig. Dafür streicht man aktiven Sauerteig auf Klarsichtfolie oder Backpapier aus und lässt ihn an der Luft (!) trocknen. Von der Folie kann man ihn dann ganz leicht abnehmen und zerkrümeln, zermörsern oder fein mahlen. Auf diese Weise kann man ihn ganz einfach weitergeben oder verschicken oder auch für sich selbst als Reserve aufbewahren. Ich habe Paules Trockensauer (Weizen T1050) inzwischen in einen Weizen T550 umgezüchtet.


Bei der "Wiederbelebung" habe ich mich an Petras Anleitung gehalten:
"Etwa 40 ml Wasser in ein Wasserglas geben und einen Teelöffel Sauerteigpulver einrühren. Eine Weile stehenlassen, bis sich das Pulver größtenteils löst, dann etwa 40 g Weizenmehl Type 550 zugeben und mit einem Löffel gut zu einem dickflüssigen Teig verschlagen (beim ersten Mal evt. noch ein wenig mehr Wasser dazugeben, da der getrocknete Teig zum Hydratisieren ja Wasser verbraucht), locker abdecken. Wenn man außen eine Markierung anbringt, kann man gut beobachten, ob sich schon etwas rührt.
Nach einem Tag sollte das Ganze schon etwas aufgegangen und von Bläschen durchsetzt sein (zwischendurch evtl. einmal umrühren. Wenn man noch fast nichts siehst, einfach trotzdem weitermachen). Bis der Starter richtig aktiv ist, ist es ratsam, immer nur kleine Mengen zu füttern, sonst hat man rasch riesige Mengen ;-) Ich gebe vom mehr oder weniger blasigen Teig wieder 20-40 g in ein Glas mit 40 g Wasser und mische erneut 40 g Mehl unter, dies wiederhole ich täglich über 2-3 Tage hin. Überschüssigen Teig verbrauchen (außer Brot z.B. für Sauerteigwaffeln) oder wegwerfen - Je öfter man den Starter füttert, umso aktiver ist er.
Auch beim Vermehren der Kultur (d.h. wenn man für ein Rezept größere Mengen Sauerteig benötigt) immer wieder gleiche Gewichtsmengen an Wasser und Mehl zugeben, dabei soll sich das Ausgangsgewicht immer mindestens verdoppeln. Also auf 100 g Sauerteig immer mindestens 50 g Wasser und 50 g Mehl zugeben, ich verdreifache meistens, nehme also 100 g Wasser und 100 g Mehl.
Zum Aufbewahren stelle ich den Starter in den Kühlschrank, sobald sich deutliche Bläschenbildung zeigt. Er sollte noch nicht sein Maximum erreicht haben, so ist nämlich noch genug "Futter" für die Zeit im Kühlschrank vorhanden. Auf diese Weise hat der Starter bei mir locker 4 Wochen ohne Füttern überlebt. Dann hat sich wahrscheinlich auf dem Starter eine Flüssigkeitsschicht ("hooch") abgesetzt, das ist normal. Nach längerem Aufenthalt im Kühlschrank sollte man den Starter mindestens einmal wieder füttern, dann kann man gleich sehen, ob er noch gut funktioniert, sonst muss man ihn erst durch mehrmaliges Anfüttern wieder voll aktivieren."
So sah die Wiederbelebung bei meinem Trockensauerteig aus:

Dann geht es weiter - man sucht sich ein Rezept mit Sauerteig heraus und schaut, welche Sauerteigmenge benötigt wird. Und auf diese Menge wird er nun zum sog. "Vollsauer"(=backfertiger Sauerteig) "angefüttert" ("Führung"): Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Allgemein ist es laut z.B. Pöt ist es wichtig, dass das zugeführte Wasser immer lauwarm ist und der Sauerteig nie über 40°C warm wird. Deshalb ist es ratsam, den Sauerteig in den Ofen zu stellen, in dem nur die Ofenlampe eingeschaltet ist, aber keine Temperatur. Dann hat er ziemlich genau 30 bis 35°C. Ich hingegen habe mich nach der Anleitung auf Lutz' Plötzblog gehalten und den Teig etwa 15 Stunden (meistens über Nacht) bei Zimmertemperatur reifen lassen.


Da wir nicht den ganzen Sauerteig verbacken wollen, sondern auch für die nächste "Backorgie" Sauerteig einsetzen wollen, muss vom fertigen Sauerteig eine gewisse Menge zur Aufbewahrung abgenommen werden. Dieser fungiert dann als neues Anstellgut beim nächsten Backen. Und so entwickelt sich der Sauerteig mit der Zeit immer weiter! Dabei am besten auch immer etwas Sauerteig als eiserne Notfallreserve "sichern" (z.B. trocknen - siehe oben ), damit dieser - wenn mal etwas schiefgehen sollte - wieder reaktiviert werden kann. Bei mir sah das so aus (links Paules Roggen-ST, rechts mein Weizen-ST):






Seitdem habe ich immer etwas Anstellgut im Kühlschrank, von dem ich dann immer etwas abnehme zum Ansetzen des Vollsauer. Das Anstellgut wird dann etwa 1 Mal alle 7 bis 10 Tage  gefüttert (stets mit dem gleichen Mehl). Hat man mal zuviel Anstellgut, kann man nach Paule daraus z.B. auch Sauerteig-Pizza/Fladen backen, Sauerteigwaffeln oder Sauerteigscones.


Die „Umrechnung" von Heferezepten auf Sauerteigrezepte ist übrigens auch recht einfach: Anstelle der Hefe geben wir auf 500 g Mehl 150-250 g reifen Sauerteig. Gleichzeitig reduzieren wir das Rezept um 70-100 g Mehl und 70-150 ml Flüssigkeit (die tatsächlich benötigte Flüssigkeit ergibt sich beim Kneten).


In den nächsten Tagen poste ich euch mein 1. Sauerteigbrotrezept!


Habt ihr euch schon mal an (hefefreiem) Sauerteigbrot probiert?
Was sind eure Erfahrungen?


9 Kommentare:

  1. Toll! Ich trage mich schon lange mit dem Gedanken, Brot selber zu backen und natürlich nur Sauerteigbrot, denn Brot mit Hefezusatz bekomme ich ja schon beim Bäcker und es schmeckt nicht wirklich. Aber der Sauerteig hat mich bis jetzt immer abgeschreckt. Weil ich weiß, dass ich gleich die Flinte ins Korn werfe, wenn es nicht klappt.

    Ich bin also gespannt auf Deine Erfolge! :D

    LG

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  2. Hallo Manu, super, dass du auch Brotbacken willst. Ich habe mit Fertigmischungen für den BBA angefangen und dann aber lieber selber Mehle gemischt - natürlich mit Hefe. Mein 1. Sauerteigbrot hat auch noch etwas Hefe bekommen, aber das 2. schon nicht mehr. Ich freue mich, wenn ich dich auch bald unter den Sauerteigbrotbäckern begrüßen kann =)

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  3. Nein ich bin nicht schwanger :D
    Es schmeckt trotzdem ganz gut :D jedem das seine :)
    alles klar und danke schonmal :)

    Lieb Grüße
    Erdbeerpuder

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  4. Das find ich ja mal cool!
    Wo genau kann ich denn ein Trockensauer herkriegen? Ich kenne leider keinen, der seinen eigenen Sauerteig hat :(

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  5. Hallo Anonym, schreib mich mal bitte an (via Kontaktformular oder per Mail) - da kann ich dir ganz bestimmt weiterhelfen =)

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  6. Liebe Kathrin, vielen Dank für diesen tollen Bericht. Ich freue mich sehr, dass meine Sauerteigkulturen bei dir ein schönes, backfreudiges Zuhause gefunden haben. Ich wünsche dir weiterhin viel Spass und Erfolg beim Brotbacken. Ganz liebe Grüsse aus Luxemburg, Paule

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  7. He das is ja so cool! Liebe Kathrin, danke für deine saure Post. Gestern und heute haben wir das erste selbst gebackene (Gewürz-)Roggenvollkorn-Sauerteigbrot gegessen und es war sooo elcker! Dahanke! lg, die Viktoria

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    1. Huhu Viktoria, das freut mich sehr, dass euer 1. ST-Brot schon so gut geklappt hat! :D Ist doch was anderes im Vergleich zum gekauften Brot, gell? Auch was die Haltbarkeit angeht. Das schmeckt auch nach ein paar Tagen noch superlecker und ist nicht so ausgetrocknet. Ich wünsche dir /euch noch ganz viel Freude damit, und immer ein duftendes ST-Brot im Ofen... :) LG!

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